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Weggefährten der Anfangsjahre

Erinnerungen von Victor Schmitt 

Der Unternehmensstart: mit großen Plänen und brillanten Partnern 

Neben Dieter Stumpf und mir war Werner Doss Gründungsmitglied des Büros. Kurz vor dem Start im Juli 1971 aber hat er überraschend abgesagt. Bei unserem Arbeitgeber, der Bauunternehmung Karl Stöhr KG, wurde er dringend gebraucht und wagte es nicht zu kündigen. So entstand zunächst das Ingenieurbüro Schmitt und Stumpf, ein Rumpfbüro von zwei Statikern, statt wie beabsichtigt das Planungsbüro SSD – Ingenieure mit dem Ziel, Projekte gesamtheitlich zu planen. So beschränkten wir uns anfangs auf das Aufstellen und Prüfen von Standsicherheitsnachweisen und die Ausführungsplanung einfacher Bauwerke. Wir hörten nicht auf, Werner Doss zu umwerben und letztlich davon zu überzeugen, dass wir mit seinen Fähigkeiten und Erfahrungen beste Aussichten auf Erfolg im Planungsmarkt sehen. Parallele Gespräche mit der Geschäftsführung der Firma Stöhr sorgten dafür, dass sein Wechsel nicht zu einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen führen würde. Mit einem Jahr Verspätung trat er schließlich in die Ingenieurgesellschaft Schmitt und Stumpf als gleichberechtigter Partner ein und bestand nicht auf einer Namensänderung. Erst jetzt waren wir, wie ursprünglich geplant, komplett und konnten loslegen. Und es ging schnell steil bergauf. Mit Ausführungsplanungen im Auftrag der Firma Härer für Projekte des Autobahnamts Stuttgart konnten wir das Vertrauen des Bauherrn gewinnen, sodass er uns mit der Objektplanung einer Anzahl von Unter- und Überführungsbauwerken der Autobahn Stuttgart–Singen beauftragte. Es folgte das Tiefbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart, das uns den Entwurf und die Ausführungsplanung des Tunnels Vaihingen zutraute, und schließlich die DB, die uns als Ausführungsplaner für ein großes S-Bahn-Los im Zentrum der Stadt Stuttgart akzeptierte. Unser Bürostandort war München und sollte es auch bleiben, aber die Mehrzahl der Aufträge kam aus Baden-Württemberg. Wir hatten das Glück, in Stuttgart drei kompetente, souveräne und große Bauherren zu finden, die unserem jungen Team einen Vertrauensvorschuss gaben, den zu rechtfertigen wir uns mit Erfolg bemühten. 

Wir erkannten auch unsere Schwächen und suchten in der Gestaltung die Zusammenarbeit mit Architekten, die darin besser geschult waren. Mit dem Architekten Hans Schmidt-Schicketanz und seinem Büro entwarf Werner Doss eine Vielzahl von Bauwerken. Ein Highlight war der Gewinn des Realisierungswettbewerbs für die Südbrücke Berching über den Main-Donau-Kanal, der eine Vielzahl von weiteren Planungsaufträgen für Brücken bewirkte. Werner Doss starb viel zu früh im Jahr 2011. Er hat den Grundstein für die konstruktive Ausrichtung und den Erfolg des Büros gelegt. 

Von jeher das wichtigste Unternehmenskapital: die Mitarbeiter

Ein weiterer Kollege aus dem Konstruktionsbüro der Firma Karl Stöhr hat unser Büro maßgeblich mit aufgebaut. In den Sechzigerjahren gab es im Bauwesen bundesweit einige Rechenzentren, bei denen man die Schnittgrößen von Tragwerken ermitteln lassen konnte. Das Konstruktionsbüro der Firma Karl Stöhr nutzte das Rechenzentrum RIB in München auf der Schwanthaler Höhe und war einer der Hauptkunden des Zentrums. Als die Entscheidung für einen neuen Rechner anstand, verpflichtete sich Karl Stöhr, 50 Prozent der Leasingkosten und der Rechenzeit zu übernehmen. Von diesem Zeitpunkt an hatte das Konstruktionsbüro Zugriff auf den neuesten Rechner, eine IBM 1130, und ich schlug Eberhardt Möckel, einen Absolventen der Technischen Universität München, zur Ausbildung in der Programmiersprache Fortran vor. Die Personenwahl war ein Glücksgriff.  

Nach Gründung unseres Büros übernahmen wir 25 Prozent der Rechenzeit, konnten Eberhard Möckel zur Mitarbeit gewinnen und waren so die IT betreffend von Beginn an optimal ausgerüstet. Eberhard Möckel entwickelte für uns maßgeschneiderte Software und war eine wichtige Stütze in der Entwicklung des Büros. Leider starb auch er viel zu früh mit vierzig Jahren und wir taten uns über Jahre schwer, den Verlust auszugleichen.  

Für Berechnungen gab es die Unterstützung durch Computer. Gebaut wurde nach Plänen, die von Hand gezeichnet werden mussten. Von Anfang an war es schwierig, ausreichend Konstrukteure zu gewinnen; vor allem, um im Sommer die Ferienzeit zu überbrücken. Hilfe suchten und fanden wir an den Universitäten in Graz und Innsbruck, an deren Schwarze Bretter wir Hinweise anheften ließen, dass wir Ferialpraktikanten als Ersteller von Schal- und Bewehrungsplänen suchen. Bei der Auswahl bevorzugten wir Studenten, die einen Abschluss an einer HTBL hatten, weil sie eine gute Ausbildung im technischen Zeichnen hatten. Zum Erfolg der Mitarbeitersuche trug auch eine Vereinbarung der Finanzbehörden der Länder Österreich und Deutschland bei, dass Vergütungen für Ferialpraktikanten bis zu einer bestimmten Grenze steuerfrei sind. 

Im Sommer 1971 kam als erster Student Walter Hebsacker aus Graz und warb eine Vielzahl weiterer Studenten der Fachrichtungen Bauingenieurwesen und Architektur als Ferialpraktikanten an, die über mehrere Jahre kamen. Walter Hebsacker war unser erster Mitarbeiter, wurde später Stadtbaudirektor der Stadt Salzburg und hatte 28 Jahre lang die Verantwortung für das Bauwesen der Stadt. Andere Ferialpraktikanten gründeten später Büros in Österreich und Südtirol und sind uns bis heute freundschaftlich verbunden. 

Herbert Zechner, der mehrere Jahre als Student bei uns arbeitete, konnten wir 1987 als Absolvent der Technischen Universität Wien als langfristigen Mitarbeiter gewinnen. Er legte bei SSF den Grundstein für einen eigenen Bereich Objektplanung Brücken, der heute eines unserer wichtigsten Standbeine ist. Nach der Eröffnung der Niederlassung in Halle baute er das dortige Baumanagement auf und bildete junge Diplom-Ingenieure aus, die heute für uns führend tätig sind. Herbert Zechner machte sich später in Wien selbst­ständig. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet und ihm bis heute eng verbunden.